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Fotografieren unterwegs

Auch wenn der Schrank im Hobbykeller mit feinster Fotoausrüstung gefüllt ist und die Tour durch grandiose Landschaften führen soll: Bei einer Reise durchs Gebirge ist Beschränkung angesagt. Zum einen freut man sich im Anstieg über jedes Kilo Gepäck, das daheim geblieben ist; zum anderen ist man als Bergradler, zumindest im Sommer, zu den fotografisch attraktiven Tageszeiten ohnehin noch beim Frühstück oder bei der abendlichen Quartiersuche, während es für den sinnvollen Einsatz etwa langer Teleobjektive tagsüber meist zu dunstig ist. Außerdem verengt gerade in noch nicht bekannten Regionen eine übergroße Auswahl an Brennweiten meines Erachtens oft den freien Blick (dazu habe ich andernorts mehr geschrieben).

Minimalausstattung, etwa für Rennrad-Touren, ist eine Kleinbild-Kompaktkamera. Von einer Digitalen als einziger Kamera im Urlaub würde ich absehen: Erstens können drei bis fünf Megapixel (Stand der Technik beim Entstehen dieses Textes 2003) beim Vergrößern auf Posterformat einfach nicht mit einem Dia oder Negativ mithalten, und zweitens beschränkt der enorme Energiebedarf der Geräte die Auswahl an Schlafplätzen auf Örtlichkeiten mit Steckdose fürs Akku-Ladegerät. Im Kleinbild-Bereich gibt es zwar auch relativ kleine, leichte Vollautomaten mit Zoom-Objektiv, aber wer auf maximale Bildqualität aus ist, sollte eine Kamera mit Festbrennweite und gewissen manuellen Eingriffsmöglichkeiten wählen. Zwei Empfehlungen:

Olympus µ2: Ein Vollautomat, aber mit der Option, die Belichtung punktuell zu messen und zu speichern, was gerade bei kontrastreichen Landschaftsaufnahmen sehr sinnvoll ist. Das lichtstarke Objektiv (2,8/35mm) wird im ausgeschalteten Zustand durch einen soliden Schieber geschützt, man braucht keine separate Schutztasche. Die Bildqualität ist für eine Kamera der 100-Euro-Klasse recht anständig; wenn man sich an den Umgang mit der Spotmessung gewöhnt hat, kann man mit der „Mju“ durchaus vorzeigbare Dias knipsen. Leider braucht sie eine teure, exotische Batterie, die allerdings, wenn man nicht dauernd blitzt, ein paar Dutzend Filme lang durchhält.

Rollei 35: Fast genauso klein wie die Olympus (dank versenkbarem Objektiv, das aber trotzdem im Gepäck eine Schutzhülle benötigt), aber durch das solide Metallgehäuse etwas schwerer. Ein Klassiker, der heute nur noch gebraucht zu haben ist, allerdings für 200 bis 300 Euro oft zu finden. Sie existiert in mehreren Varianten, ich besitze die 35S mit hervorragender 2,8/40mm-Sonnar-Optik von Zeiss. Diese Kamera ist ausschließlich manuell zu bedienen: Die Entfernung (leider nur bis knapp 0,9 Meter einstellbar) muss man schätzen, ein (einfacher) Belichtungsmesser ist eingebaut. Wenn der Platz nicht extrem knapp ist, kann man einen externen Belichtungsmesser mitnehmen, braucht für die Kamera dann keine Batterie und kann mit dem Winzling Bilder machen, deren Schärfe und Kontrast so manchen Reflexkamera-Objektiven zur Ehre gereichen würde.

Die nächste Stufe wäre eine Sucherkamera mit Wechselobjektiven. Hier gab es über Jahre nur die exorbitant teuren M-Leicas, inzwischen aber auch interessante Produkte etwa von Voigtländer, Konica oder Contax. Diese Geräte sind in der Regel etwas kleiner und leichter als vergleichbar ausgestattete Spiegelreflexkameras, jedoch um den Preis eingeschränkter Objektivauswahl und mangelhafter Nahbereichstauglichkeit.

Besonders aus dem zweiten Grund benutze ich unterwegs, wenn es etwas mehr sein darf als eine der beiden Ultrakompakten, eine Spiegelreflexkamera. Meine erste Wahl auf Reisen ist die gute alte Nikon FM2, ein vollmechanisches, also batterieunabhängiges, recht robustes Gerät. Ähnliche Modelle gibt es auch von den meisten anderen Kamerafirmen; oft zwar nur noch gebraucht, aber das ist in der Regel unproblematisch: Mindestens die Hälfte meiner Kameraausrüstung habe ich gebraucht erworben und nie irgendwelchen Ärger damit gehabt.

Einige Tipps, falls Sie noch eine Spiegelreflexkamera für unterwegs suchen:

Verzichten Sie auf ein Modell mit fest eingebautem Motorantrieb, da dieser meist viele schwere Batterien erfordert. Zum Ausgleich sind moderne Kameras aus leichtem Plastik konstruiert und empfindlicher gegen das Gerüttel, das auf dem Rad oft nicht ausbleibt, als eine Kamera mit unkomplizierter, solider Mechanik. Und je mehr Elektronik im schwachbrüstigen Gehäuse verbaut ist, desto mehr kann unterwegs ausfallen.

Die Möglichkeit komplett manueller Belichtungssteuerung sollte vorhanden sein. Wenn Sie auf zusätzliche Automatik-Funktionen nicht verzichten mögen, bietet sich für Natur/Landschaft eine Zeitautomatik mit Blendenvorwahl an, weil Sie damit Einfluss auf die Schärfentiefe behalten.
Nehmen Sie aus diesem Grund bevorzugt ein Modell mit Abblendtaste, um die Schärfenausdehnung bereits im Sucher kontrollieren zu können.

Welche Objektive und Zubehör Sie einpacken, ist letztlich Geschmackssache. Ich würde auch zur Reflexkamera eher Festbrennweiten als Zoom-Objektive nehmen, weil zumindest die transportablen Zooms eine bis zwei Blenden lichtschwächer sind als entsprechende Festbrennweiten, und desto früher brauchen Sie ein Stativ oder hochempfindlichen Film. Eine sinnvolle und noch einigermaßen leichte Kombination umfasst zwei bis drei Objektive im Bereich von 24 bis 135 Millimeter. Darunter bzw. darüber wird’s schnell schwer und sperrig.

Meine Favoriten auf Tour sind das 35er Shift und das 105-mm-Makroobjektiv. Zusammen mit der Kamera, einem Handbelichtungsmesser und einem halben Dutzend Filmen (in einer Dose, wie man sie mit gerahmten Dias aus dem Labor bekommt, siehe Bild) passt das komfortabel in die Lenkertasche (in meinem Fall die größere Ortlieb Ultimate).

 
  Bei Tagestouren bringe ich darin sogar noch zwei weitere Objektive unter; für eine Reise durchs Gebirge wäre mir das aber schon zu schwer.

In eine der übrigen Fahrradtaschen kommen dann noch weitere Filme sowie ein kleines Stativ: das Novoflex Minipod (siehe Bild), das zwar nicht billig ist, aber extrem stabil und dank dreier einzeln an Kugelgelenken aufgehängten Beine auch sehr „geländegängig“.

Im Gebirge gibt es UV-Strahlung, ja. Das ist aber meines Erachtens kein Grund, die Bildqualität der Optik durch das Vorschrauben zweier zusätzlicher Glas-Luft-Brechungsflächen namens UV-Filter zu ruinieren. Nehmen Sie lieber für jedes Objektiv eine exakt passende Streulichtblende mit.

Fotografieren Sie, sobald Sie mit den Grundlagen der Belichtungssteuerung vertraut sind, bevorzugt auf Diafilm, und machen Sie im Zweifelsfall zwei oder drei Aufnahmen mit leicht variierter Belichtung. Die oftmals grandiosen Lichtstimmungen in den Bergen gehen auf Farbnegativ-Material nämlich völlig verloren. Packen Sie den einen oder anderen Film mehr ein, als Sie tatsächlich zu belichten planen, insbesondere dann, wenn Sie Dias oder Schwarzweißfilme benutzen. Auch in größeren Orten im Alpenraum sind die Geschäfte erfahrungsgemäß dürftig sortiert und zudem arg teuer.