Startseite
 

Fahrradmitnahme im HVV unerwünscht?

Eine offene E-Mail an den Hamburger Verkehrsverbund am 5. März 2005 (in Kopie ans Hamburger Abendblatt und den ADFC Hamburg)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich hoffe sehr, dass es sich bei der Meldung im Hamburger Abendblatt vom 5. März, wonach die Fahrradmitnahme in den R-Linien zum 1. April kostenpflichtig werden soll, um einen vorgezogenen Aprilscherz handelt. Wirklich ernst nehmen kann ich die im o.a. Artikel zitierte Aussage nämlich nicht, wonach Platzprobleme in den Regionalbahnen diese Maßnahme erforderlich machen.

Ich selbst beispielsweise pendle außerhalb der Stoßzeiten im Hamburger Nordosten und bin ganzjährig innerstädtisch auf die zusätzliche Beweglichkeit des Fahrrades angewiesen. Und meine langjährige Erfahrung ist die, dass in den Regionalbahnen eigentlich immer ein Stellplatz fürs Rad zu finden ist, während es vielmehr in den U-Bahnen auch außerhalb der morgend- und abendlichen Sperrzeiten (viel zu) voll ist.

Würden nun auf der Linie R10 je Strecke drei Euro zusätzlich fällig, hätte ich pro Arbeitsmonat Extrakosten in Höhe von rund 130 Euro. Da denkt man schon fast drüber nach, sich lieber einen Kleinwagen nebst Parkplatzmiete zu leisten …

Mein Vorschlag wäre, dass Sie diese Schnapsidee zumindest so lange wieder von der Agenda verschwinden lassen, bis Sie radelnden Pendlern an allen R-Bahnhöfen in Hamburg und Umland jeweils mehrere hundert überdachte, rund um die Uhr bewachte Fahrradstellplätze zur Verfügung stellen können; unter diesen Umständen wäre ich beispielsweise bereit, ein Rad über Nacht am Hauptbahnhof zu parken und mit einem zweiten etwa von meinem Zuhause bis Ahrensburg zu fahren. Solange die vorhandene Fahrrad-Infrastruktur solches nicht erlaubt (denn wer wollte heute freiwillig ein Fahrrad länger als fünf Minuten bahnhofsnah unbeaufsichtigt lassen?), ist Ihr Plan komplett indiskutabel.

Mit freundlichen Grüßen

C. Wöhrl

 

***

Nachtrag am 8. April:

Nach gerade einmal fünf Wochen habe ich eine Antwort vom HVV bekommen. Im Wesentlichen geht es darin um die Notwendigkeit der Nachfragesteuerung angesichts von Zuständen, die ich zumindest für die Linie R10 nicht nachvollziehen kann. Immerhin habe ich jetzt schriftlich, dass für ein Faltrad die Geldstrafe von drei Euro je Fahrt nicht anfällt. Gut zu wissen: Schließlich bin ich mit meinem Brompton schon mal aus der Bahn geworfen worden, weil der Schaffner das aktentaschengroße Paket noch als Fahrrad erkannte. Der subtile Unterschied zwischen Buchstaben und Geist eines Gesetzes bleibt auf dem Weg ins Gehirn ja gern mal in einer Dienstmütze hängen :-)

Da lacht das Bürokratenherz: Ordnungsgemäß zusammengefaltetes Brompton im ansonsten völlig leeren Mehrzweckabteil.