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Intensivkurs Jura
Aufmacherbild Jura 2005

Sechs Tage im September: Wo die Schweiz am französischsten ist, locken weite Hochebenen, versteckte Flussläufe, steile Bergstraßen (Bild: der Chasseral) und einsame Wanderwege

Wer einmal mit dem Zug zwischen Basel und Genf unterwegs war, kennt den Jura zumindest von unten, folgt doch die Bahnstrecke diesem Höhenzug auf nahezu voller Länge. Dem solcherart Reisenden wendet das Gebirge jedoch eine meist abweisende Flanke zu, nur selten strecken sich Aussichtsberge wie der Chasseron oder der Montrond über die dichten Jurawälder empor. Doch wer sich mit dem Fahrrad (das hier auf Französisch wie auf Schwyzerdütsch „Velo“ heißt) ins Herz des Jura begibt, der lernt eine abwechslungsreiche, oft sanfte, mitunter raue und meist beruhigend-einsame  Landschaft kennen; der kann beim stundenlangen Radeln über grüne Hochebenen die Seele baumeln lassen und sich abends mit köstlichen Käsen und Weinen der Region verwöhnen. Und auch Souvenirs der edleren Sorte könnte man, Kleingeld vorausgesetzt, von hier mitbringen: Der Jura ist das Zentrum der Schweizer Uhrenindustrie, in einigen der berühmtesten Manufakturen werden in der staubfreien Bergluft vor allem des Vallée de Joux feinmechanische Pretiosen gefertigt.

Erste Bekanntschaft mit dem Jura machten wir 1998, als wir während einer längeren Campingtour durch die Schweiz der damals recht neuen „Veloland“-Route Nr. 7 von Basel zum Genfer See folgten. Unter dieser Marke sind neun nationale Radwanderstrecken zusammengefasst, denen gemeinsam ist, dass sie attraktive Regionen der Schweiz auf ruhigen, zumeist asphaltierten Nebenstraßen erschließen. Ergänzt wird die radlerfreundliche Wegweisung durch die enge Einbindung regionaler Velorouten. Soweit längere Anstiege unvermeidlich sind, sind die Strecken zudem oft so gelegt, dass der müde Radler bei Bedarf auf Busse oder Bahnen mit Velomitnahme ausweichen kann.

Aus diesem Konzept, zu dem überdies auch ein Qualitätssiegel für teilnehmende Herbergsbetriebe gehört, ergibt sich, dass Kammwege und Gipfel, die ja oft nicht nur die topografischen, sondern auch die landschaftlichen Höhepunkte einer Region sind, meist nur touchiert werden. Und unter diesem Gesichtspunkt wollte ich den Jura nun endlich intensiver studieren. Resultat meiner Planungen war eine sechstägige, sportlich-rustikale Radwanderung von Berg zu Berg, die um größerer Beherbergungsauswahl willen dennoch immer wieder zur „Veloland“-Route zurückkehrte, bevor sie mich für die letzten anderthalb Tage noch durch den französischen Teil der Monts-Jura führte.

Die Etappen:

Tag 1/2, Basel – St. Ursanne – Chasseral

Tag 3/4, Chasseral – La Côte-aux-Fées – Le Pont

Tag 5/6, Le Pont – Col de la Faucille – Genf

Die Bildergalerie

Offline lesen oder ausdrucken? Die komplette Reportage als PDF-Datei (6 Seiten DIN A4, einige Fotos, 96dpi/320kB)

Einige Tipps

Als Begleitlektüre einer Radtour durch den Jura empfiehlt sich der offizielle „Veloland“-Führer, Band 7. Er umfasst einführende Texte zu Landschaft und Kultur, großzügige Kartenausschnitte auf Basis der hervorragenden Carte Nationale de la Suisse 1:100000 sowie ein Unterkunftsverzeichnis explizit fahrradfreundlicher Betriebe. Letzteres sollte man allerdings unmittelbar vor Urlaubsantritt unter www.veloland.ch auf den aktuellsten Stand bringen.

Wer sich nicht allzu weit von der Hauptroute entfernt, benötigt außer dem Führer keine weiteren Landkarten; um die Chasseral-Querung sowie die letzten anderthalb Tage der hier beschriebenen Tour nachzuvollziehen, ist allerdings zusätzliches Material erforderlich. Die Blätter 111, 104 und 40 decken den Schweizer Jura komplett sowie die französischen Monts-Jura bis Genf ab. Detailliertere Karten als 1:100000 sind überflüssig: Wege, die auf den „Hundertern“ nicht dargestellt sind, also vor allem kleinere Wanderwege, erweisen sich vor Ort regelmäßig als für Radtouristen unbrauchbar.

Generell sind die Straßen im Jura verkehrsärmer, oft aber auch nicht so großzügig ausgebaut wie entsprechende Straßen im Alpenraum. Mit kurzen steilen Steigungen auf nicht immer gutem Asphalt ist stets zu rechnen, eine bergtaugliche Übersetzung also Pflicht. Wer wie der Autor dieser Zeilen gern auch mal auf reizvollen unbefestigten Wegen unterwegs ist, sollte zudem zumindest am Hinterrad einen kräftig profilierten Reifen montieren.

Achtung: Für den Abschnitt zwischen den Pässen Mollendruz und Marchairuz sind Orientierungsvermögen, Bergerfahrung, Trittsicherheit und festes Schuhwerk unabdingbar, und bei Regen wird es hier gefährlich! Weichen Sie im Zweifelsfall auf die Veloroute längs des Lac de Joux aus. Weiterhin ist die Abfahrt vom Col de Crozet wegen der Länge der Geröllpassagen nur für Mountainbike-Fahrer sinn- und genussvoll, Alternative wäre die leider verkehrsreiche Straße vom Col de la Faucille nach Gex.

Die hier beschriebene Tour durch den Jura umfasst knapp 425 km, davon etwas über 100 unbefestigt, und über 9200 Höhenmeter Anstiege. Wer sich auf dem Rad eher nicht als Bergziege versteht, ist möglicherweise mit der „Veloland“-Route 7 besser bedient, die von Basel bis Nyon auf 275 km (10 unbefestigt) und rund 4400 Höhenmeter kommt, von denen sich zudem fast 2000 auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln überbrücken lassen.

Anreise: Seit die Deutsche Bahn ihre Angebote für Radreisende im Fernverkehr immer weiter einschränkt, bin ich aus Norddeutschland in Richtung Alpen(vorland) gern mit dem Citynightline unterwegs. In Basel kommt man etwa mit dem „Komet“ morgens um sieben Uhr an und hat noch den ganzen Tag zum Fahren vor sich.