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Jura 2005, Tag 3/4

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3. Etappe: Chasseral–La Côte-aux-Fées,
85 km, 1300 Höhenmeter

Zum Frühstück hinter Panoramascheiben lacht wieder die Sonne, Falken kreisen über den Höhen, doch die Alpen hüllen sich in Dunst. Das wird für den Rest des Tages auch so bleiben; schade, denn den ersten Zwischenstopp nach einer genuss- und aussichtsreichen Abfahrt sowie einigen beschaulichen Kilometern im Waldgebiet des Joux du Plane lege ich am Pass La Vue-des-Alpes ein, der das Versprechen seines Namens heute nicht einlösen kann.

Weil hier an der Hauptstraße für jurassische Verhältnisse geradezu das pralle Leben tobt, rolle ich fürs zweite Frühstück erst noch zum Tête-de-Ran weiter. Von hier führt ein traumhafter Wanderweg über die Almwiesen hinab in die Moorlandschaft um Les Ponts-de-Martel. Da ich bislang noch nicht das Gefühl habe, heute wirklich was geleistet zu haben, verlasse ich dieses lang gezogene Hochtal jedoch sofort wieder auf der nördlichen Hangseite, um mich dem Grand Sommartel zuzuwenden. Das Sträßchen dorthin, in England wäre es als „Single Track Road“ ausgewiesen, wäre ein Schmuckstück in der Sammlung jedes Asphaltromantikers, und das Bergrestaurant hat – eine Seltenheit außerhalb größerer Orte – Rivella sogar in meiner Lieblingsvariante „Grün “.

Wie schon 1998 radle ich ab der Grande Joux weiter auf der ausgeschilderten Nebenstrecke durch das Vallée de la Brévine, das heute glücklicherweise seinem Ruf als Schweizer Sibirien nicht gerecht wird: Die Temperatur liegt um angenehme zwanzig Grad, dazu weht ein linder Gegenwind, und die kaum befahrene Straße führt in sanftem Auf und Ab durch das weitläufige, auf allen Seiten von dichtem Wald umschlossene Tal: Das ist stundenlang Entspannung pur.

La Brévine

La Brévine, Hauptort des gleichnamigen, ebenso beschaulichen Tals

Auch der Rest des Tages wird eine eher gemütliche Angelegenheit: Auf der Nebenstrecke zum Talschluss, hinab nach Les Verrières und über den Mont des Verrières nach La Côte-aux-Fées, wo ich zur üppigen Pasta-Portion die Gesellschaft eines Radlertrios genieße, das – beneidenswert – im Anschluss an die Jura-Route noch durch die Verdon-Schlucht und bis Nizza weiterstrampeln möchte.

4. Etappe: La Côte-aux-Fées–Le Pont,
64 km, 1750 Höhenmeter

Der Tag beginnt im Rückwärtsgang, zumindest was den Verlauf der Veloroute angeht: Schon beim ersten Mal waren wir in Buttes auf die als landschaftlich reizvoll ausgewiesene Nebenstrecke über La Robella nach Ste. Croix abgebogen. Und die Erinnerung trügt mich nicht: Das schmale, bis 18% steile Sträßchen am Osthang des Chasseron ist für mich noch immer eines der schönsten außerhalb des Alpenraums.

Doch dieses Mal setze ich noch einen drauf: Um mir an diesem recht klaren Tag auch einen Blick nach Norden zu erschließen, kämpfe ich mich bis ganz zum Chasseron hinauf. Meist im Wiegetritt, denn auf den letzten paar hundert Metern steigt die unbefestigte Piste mit fast 30% an. Doch auch hier wieder ist der Lohn der Mühe üppig, das Panorama überwältigend – und die Bewunderung leicht bepackter Wanderer für den tapferen „randonneur à vélo“ wortreich.

Bei mittlerweile übler Hitze halte ich mich nicht lang mit der Abfahrt nach Ste. Croix nebst Weiterfahrt auf dem direkten Weg zum Col de l’Aiguillon auf, denn mit der ausgeschilderten Mountainbike-Route nach Vallorbe über den Nordhang des Suchet steht nochmals etwas Kletterei auf dem Programm. Ganz so schlimm, wie vom Kartenbild her erwartet, wird’s aber nicht: Schieben muss ich nur rund 200 Meter weit, und die Belohnung ist diesmal eine lang gezogene, mal asphaltierte, mal geschotterte, immer aber grandiose Abfahrt.

In Vallorbe ist’s noch früh am Tag, deshalb auf der Veloroute weiter bis zum Lac de Joux. Der Reiseführer verspricht hier eine „steile Naturstraße“, die aber auf voller Länge entweder steil oder unbefestigt, insofern also unproblematisch ist. Am reizvoll zwischen sanften, bewaldeten Höhen gelegenen See ist erstmals so etwas wie touristischer Betrieb wahrnehmbar, und erst das zweite Hotel hat ein Zimmer für mich frei.

Zu Tag 5/6