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StVO, Vorschriftzeichen 237 „Weltkriegsmahnmal“: Dieses Verkehrsschild kennzeichnet Außenstellen lokaler historischer Museen. So ausgeschilderte Verkehrswege werden seit 1945 in ihrem authentisch zerbombten Zustand konserviert. Reinigung und winterliche Räumung finden nicht statt, jegliche Benutzung geschieht auf eigene Gefahr.

 

Satire beiseite: Kann man als ökologisch engagierter Zeitgenosse Radweg-Gegner sein? Nun, man kann nicht nur, sondern man sollte. Denn solche Wege lösen nicht nur nicht das Versprechen ein, Radfahrern eine besonders sichere Verbindung von A nach B zu gewähren, sondern stellen in ihrer Mehrzahl eine zusätzliche Gefährdung für Leib und Leben ihrer Benutzer dar.

Hier ist wohlgemerkt nicht die Rede von solchen Wegen, die trotz offensichtlicher Defizite widerrechtlich als benutzungspflichtig ausgewiesen sind und so einen signifikanten Beitrag dazu leisten, dass die Mehrzahl aller Fahrrad-Unfälle ohne Fremdeinwirkung geschieht. Nein, es dürfte allen Unkenrufen zum Trotz in der Republik auch solche Radwege geben, die in allen Details dem Buchstaben des Gesetzes entsprechen. Aber auch sie sind aus der Sicht derer, für die sie vorgeblich gemacht sind, eine krasse Fehlplanung:

Das wesentliche Problem besteht darin, dass Radwege eine Gruppe von Verkehrsteilnehmern, die innerorts durchschnittlich nicht nennenswert langsamer unterwegs ist als die motorisierten Mitmenschen, aus dem Sichtfeld eben dieser Kraftfahrer entfernen. Und wen man im fließenden Verkehr nicht wahrnimmt, mit dem rechnet man auch nicht an Kreuzungen und Einmündungen. Was Wunder, dass es genau hier immer wieder zu Kollisionen kommt. Und wer dabei der Schwächere ist, dürfte klar sein.

Die Tatsache, dass das Radeln auf der Straße dort, wo es einen begleitenden Radweg gibt, rechtswidrig ist, suggeriert, dass die Radwegbenutzung die sicherere Alternative für wadenmotorisierte Zweiradler ist: Schließlich dient die Straßenverkehrsordnung vermeintlich der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Faktum ist jedoch, dass zwar die wenigsten Autofahrer einen Radler vorsätzlich überfahren würden, dass aber viele von ihnen gerade im Stadtverkehr voll damit ausgelastet sind, sich auf ihren Teil der Verkehrswege zu konzentrieren. Und wohl jeder Vielstrampler weiß: Lieber ein Autofahrer mehr, der hupt, weil er sich kurzzeitig ausgebremst fühlt, denn der hat den Radler zumindest gesehen.

Das nachweislich trügerische subjektive Sicherheitsgefühl auf räumlich von der Kfz-Fahrbahn getrennten Radwegen basiert primär auf einem Mangel an seriöser Information: Verkehrspolitik findet in deutschen Medien kaum Erwähnung, nur eine millionenfach aufgelegte deutsche Clubzeitschrift wird nicht müde, gebetsmühlenartig neben anderen das Märchen vom sicheren Radweg unters Volk zu bringen – mit dem ebenso durchsichtigen wie unredlichen Motiv, der motorisierten Klientel um jeden Preis Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Aber warum halten auch vermutlich besser informierte Stadtplaner allerorten an der Einrichtung von Radwegen fest? Die Vermutung, es könne daran liegen, dass dem durchschnittlichen kommunalen Entscheider dank reservierten Kfz-Stellplatzes in der Rathausgarage der Bezug zur Problematik fehlt, erklärt das Phänomen wohl kaum hinreichend. Klarer wird’s, wenn man das rituelle Klagegeschrei etwa lokaler Einzelhandelsverbände kennt, demzufolge nur motorisierter Individualverkehr guter Wirtschaftsverkehr sei und der innerstädtische Stau mithin ein zuverlässiger Wohlstandsindikator:

Wer ernsthaft daran glaubt, dass das Volk viel häufiger mal einen Kühlschrank kauft statt immer nur zwei, drei CDs, wenn es nur direkt vor dem Elektro-Discounter einen Parkplatz findet, der glaubt sich auch im Besitz guter Gründe dafür, Abschreckungsmaßnahmen gegen die massenhafte Benutzung des Fahrrades zu ergreifen. Um so perfider, wenn man diese Schikanen dann auch noch als Förderung des Radverkehrs verkaufen kann …

Postscriptum:

Um einen akuten Fall von Radwegwahnsinn mit vorläufig glimpflichem Ausgang geht es hier, ein paar Gedanken zu außerörtlichen Radwegen hier.